24. Bundeskongress Pathologie
22.-23. November 2024
Hotel Titanic, Berlin Mitte
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Dünndarmschleimhaut in typischer Form von finger- bzw. blattförmigen Fortsätzen, die sog. Zotten, bearbeitet mit Photoshop.


29.04.2024

Gemeinsame Stellungnahme des BDP, der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN)Pathologie adäquat berücksichtigen: Stellungnahme zur Krankenhausreform

 

Die Pathologie – bestehend aus den Fächern Pathologie und Neuropathologie – ist unverzichtbar für eine fundierte medizinische Diagnostik und leistet wesentliche Entscheidungshilfen für Therapien. Obwohl die Anzahl der berufstätigen Fachärztinnen und Fachärzte im Fach Pathologie sinkt, wächst ihre Relevanz stetig, insbesondere für die personalisierte Krebsmedizin. Die jährlich steigende Anzahl von Tumorerkrankungen erfordert eine flächendeckende regionale Pathologie. Nicht umsonst hat die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) für ihre zertifizierten Krebszentren definiert, dass Kooperationspartner in einer maximalen Entfernung von 45 km/Minuten erreichbar sein müssen. Die Pathologie gehört als eine von in der Regel sieben Fachdisziplinen (darunter auch die Radiologie als weiteres diagnostisches Fachgebiet) zu den Hauptkooperationspartnern eines jeden Krebszentrums.

An der Pathologie führt kein Weg vorbei. Allerdings sehen der BDP, die DGP und die DGNN die große Gefahr, dass das geplante Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) in seiner aktuellen Ausgestaltung die Fächer Pathologie und Neuropathologie nicht hinreichend berücksichtigt.

Die Pathologie repräsentiert zwar gerade einmal 0,4 Prozent der Ärzteschaft, ihr Beitrag für die medizinische flächendeckende Gesamtversorgung ist jedoch fundamental, wie die nachfolgenden Ausführungen verdeutlichen.

Das Grundprinzip der Pathologie: sektorenübergreifende Zusammenarbeit

·       Rund 420.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte im ambulanten und stationären Sektor werden von ca. 1.800 PathologInnen[1] versorgt.

·       Nur 164[2] der knapp 1.900 Krankenhäuser[3] verfügen über eine eigene Krankenhauspathologie, die anderen Häuser werden über Kooperation mit Pathologieinstituten versorgt.

·       Die inzwischen 1.690 Organkrebszentren werden von 267 Pathologieinstituten[4] versorgt. Jedes pathologische Institut versorgt damit durchschnittlich sechs Zentren.

Die Zahlen verdeutlichen: Die allerwenigsten PathologInnen sind nur für einen Sektor tätig. Die meisten Krankenhäuser werden von niedergelassenen PathologInnen in Form von Kooperationen versorgt. Umgekehrt arbeiten viele stationär tätige PathologInnen auch im ambulanten Bereich. Die Pathologie ist wie kein anderes Fach sektorübergreifend und regional vernetzt aufgestellt.

In der Pathologie werden die Diagnose gestellt und essenzielle Informationen für die Therapiestrategie gewonnen

Für viele Krankheitsbilder liefert die histopathologische Begutachtung erst die abschließende Diagnose und die relevanten Informationen für eine Therapie. Insbesondere und in steigendem Maße in der Krebsmedizin sind ergänzende immunhistologische und molekularpathologische Diagnosen essenziell für die Festlegung der individuellen Therapiestrategie. Die zielgerichtete Therapie wird gemeinsam mit den behandelnden FachärztInnen in regionalen interdisziplinären Tumorkonferenzen festgelegt.

Eine strukturelle Besonderheit ist zudem, dass PathologInnen für alle Fachdisziplinen arbeiten und das, wie oben dargelegt, sektorenübergreifend. Für die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden, zielgerichteten und leistungsfähigen medizinischen Versorgung ist es deshalb unabdingbar, dass die ärztliche Diagnostik vor Ort ärztlich persönlich vertreten ist und bleibt.

Die Pathologie wird in der Krankenhausreform nicht adäquat berücksichtigt

Ein zentraler Baustein der geplanten Krankenhausreform ist die Einführung von bundesweit gültigen und einheitlichen Leistungsgruppen. Diese orientieren sich an der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen und werden in erster Linie anhand von Krankheitsbildern definiert. In der bisher bekannten Übersicht der Leistungsgruppen ist die Pathologie teilweise in den Strukturmerkmalen („Sonstige Struktur- und Prozesskriterien“) aufgeführt. Eine Eingruppierung als Strukturvoraussetzung anstelle einer eigenen Leistungsgruppe Pathologie ist aufgrund ihrer Eigenschaft als Querschnittsfach mit ihren vielen fachdisziplinübergreifenden Schnittstellen und Eigenschaften durchaus nachvollziehbar. Allerdings sind es genau diese Schnittstellen in alle Fachgebiete, die eine stärkere Berücksichtigung der Pathologie als Strukturvoraussetzung und Qualitätskriterium zwingend erforderlich machen. Die bisherige Berücksichtigung wird dem Bedarf an pathologischen Leistungen für die Gesamtversorgung nicht gerecht.

Denn: Die Pathologie wird lediglich in vier Leistungsgruppen explizit genannt, bei der Thoraxchirurgie, tiefen Rektumeingriffen (zweifach als Mindestvoraussetzung und Auswahlkriterium), Haut- und Geschlechtskrankheiten und beim Ovarialkarzinom (als Auswahlkriterium). In 13 Leistungsgruppen sind zudem „interdisziplinäre Tumorkonferenzen“ aufgeführt. Da die Pathologie mit ihren diagnostischen Ergebnissen unabdingbarer Bestandteil dieser Konferenzen ist, muss die Pathologie (mind. in Kooperation) auch explizit ausgewiesen werden, dies ist aber nur für die vier oben genannten der Fall. Darüber hinaus erstreckt sich das Einsatzgebiet der Pathologie auf die meisten der 65 Leistungsgruppen. Um zwei Beispiele zu nennen: Senologie und Hämatoonkologie des Kindesalters sind ohne pathologische Diagnostik nicht denkbar. Ebenfalls berücksichtigt werden müssten die Leistungen der Pathologie im Bereich der Obduktionen insb. zur Qualitätssicherung. Um die erforderlichen Ressourcen zur Versorgung und Qualitätssicherung in den Krankenhäusern aufrechtzuerhalten (Vorhaltepauschalen), ist es zwingend notwendig, dass die Pathologie in sämtlichen Leistungsgruppen, in denen sie Leistungen erbringt, genannt wird.

Eine vollständige Berücksichtigung pathologischer Leistungen in der künftigen Leistungsgruppensystematik erfordert auch eine adäquate Vergütung. Denn grundsätzlich gilt: Die moderne individuelle medizinische Versorgung basiert auf einer immer komplexeren und aufwendigeren pathologischen Diagnostik. Beispielsweise steigt mit der Zunahme komplexer Therapieschemata in der Krebsmedizin auch der Umfang der angeforderten pathologischen Leistungen Jahr für Jahr. Die Komplexität und der Aufwand werden jedoch bereits im heutigen DRG-Vergütungssystem nur unzureichend abgebildet. Diesem Sachverhalt ist in der neuen Vergütungsstruktur Rechnung zu tragen – unabhängig davon, ob die finanziellen Ressourcen für eine krankenhauseigene Pathologie oder für eine Pathologie in Kooperation im niedergelassenen Bereich vorgehalten werden.

EBM und Weiterbildungskapazitäten müssen mit Ausbau der Ambulantisierung Schritt halten

Gleiches gilt bei der Ambulantisierung medizinischer Leistungen, die im Zuge der Krankenhausreform gestärkt und ausgebaut werden soll. Die Ambulantisierung von weniger aufwendigen chirurgischen und anästhesiologischen Eingriffen ist aus Sicht der PatientInnen nachvollziehbar. Doch auch hier gilt: Die reinen chirurgischen und anästhesiologischen Leistungen mögen wenig aufwendig sein, die angeforderten pathologischen Begutachtungen hingegen können anspruchsvoll und komplex sein und der Aufwand für die Gewinnung von Informationen durch einzelne und gezielte Untersuchungsverfahren hoch. Dieser Aufwand wird im EBM nicht hinreichend abgebildet. Durch die Ambulantisierung verändert sich das der EBM-Kalkulation zugrundeliegende Leistungsspektrum hin zu mehr aufwendigen Fällen. Weiterhin sind die nun zusätzlich im ambulanten Bereich zu erbringenden Leistungen im Budget für die Pathologie zu berücksichtigen.

Nicht zuletzt muss die Leistungsverschiebung durch die Ambulantisierung auch bei der Weiterbildung des fachärztlichen Nachwuchses berücksichtigt werden. Für die Bereitstellung der zukünftig erforderlichen Weiterbildungskapazitäten und -inhalte durch die niedergelassenen Institutionen bedarf es einer adäquaten finanziellen Förderung der Weiterbildung im ambulanten Bereich.

Fazit

Die Pathologie ist seit vielen Jahrzehnten sektorübergreifend aufgestellt und erbringt zentrale diagnostische Leistungen für viele Krankheitsbilder in allen Fachgebieten. Unabhängig davon, ob histopathologische Leistungen zukünftig im stationären Sektor verbleiben oder ambulant erbracht werden, müssen diese in dem entsprechenden Sektor vorgehalten und deren Finanzierung sichergestellt werden.

Der BDP, die DGP und die DGNN setzen sich seit jeher für eine hochqualitative medizinische Versorgung in der Fläche ein. BDP, DGP und DGNN stehen gern zum Austausch zur Verfügung, wie die Pathologie mit ihren Fächern Pathologie und Neuropathologie entsprechend ihrer wichtigen Rolle und hohen Relevanz für eine flächendeckende und hochqualitative PatientInnenversorgung in der Ausgestaltung der geplanten Krankenhausreform berücksichtigt werden kann.                                          

Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Bürrig 
Präsident 
Bundesverband Deutscher Pathologen e.V. 

Prof. Dr. med. Gustavo Baretton
Vorsitzender
Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V.

Prof. Dr. med. Till Acker
Vorsitzender
Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie e.V.


 

[1] Beide Angaben Bundesärztekammer, Ärztestatistik 2022

[2] Krankenhausverzeichnis Deutsche Krankenhausgesellschaft

[3] Statistisches Bundesamt, Krankenhäuser 2022 nach Trägern und Bundesländern

[4] Beide Angaben Deutsche Krebsgesellschaft, 31.12.2023